«Al Bone» spielt im Hotel Belvédère in Interlaken
pn. Vorerst zurückhaltend und zaghaft, dann aber kräftig zulegend: die international zusammengesetzte Jazzband zeigte ihr breites Repertoire in Interlaken am Donnerstagabend und zog den Kern des Publikums allmählich in ihren Bann.
Der Name «Al Bone» verrät versteckt über die erst im Juni gegründete Band: Die beiden «Frontmänner» stehen im Vordergrund, Patrick Bianco am Alto Sax, Dave Montreuil aus Kanada an der Trombone oder Posaune, im Hintergrund aber nicht weniger wichtig Chris Moore aus den Vereinigten Staaten am E-Bass und Beat Müller am Schlagzeug. «Wir studieren alle an derselben Schule, der Swiss Jazz School in Bern, ziehen menschlich an demselben Strick und bringen dies in der Musik zum Ausdruck.» Das brachte ihnen auch Erfolg ein. Nach dem Auftritt im X-tra Limmathaus in Zürich erreichten sie den 2. Rang am Montreux Jazzfestival und legten den Grundstein für ihre Tour. In Interlaken setzten sie ihre Startmarke.
Originelles Jazzrepertoire lässt aufhorchen
Mainstreamjazz, von Balladen bis Funk, zum Teil selbst arrangiert und komponiert und mit vielfältigen Experimenten bestückt, wurde dem Publikum schmackhaft gemacht. In der speziellen Zusammensetzung ohne Harmonieinstrumente schöpften die jungen Musiker das Optimum aus ihren Instrumenten. Der Bandleader Patrick Bianco kommentierte und philosophierte durch das Konzert. Auch wenn zu Beginn etwas fein und zaghaft musizierend, lebte die noch junge Band im zweiten und vor allem im dritten Teil auf, entlockte mit wehmütigen, lebendigen, dem Puls der afrikanischen Natur nachfühlenden aber auch humorvollen Einlagen Gefühlsäusserungen verschiedenster Art und versetzte in stimmungsvolle Klang- und Abenteuerwelten.
Mit einem sphärischen, offenen Einstieg holten sie das Publikum ab und «tasteten» sich heran, trafen jedoch nicht gleich jedermanns Geschmack mit ihren exklusiven, ausgezeichneten und ausgeklügelten Soli bereits zu Beginn im Stück «If I should loose you». Umso mutiger und variationsreicher spielten, artikulierten und kommunizierten sie im Verlauf des Abends.
Eigenwillige Interpretation
«Schräge Akkorde und Stücke so spielen, dass Reibung entsteht» wollte Patrick Bianco mit einzelnen Stücken bewusst betonen. In dem von einem Pianisten komponierten Stück gelang es der Band originell, die Melodie auf ihre exklusive Besetzung anzupassen und zu interpretieren. Das Stück «Beatrice» von Sam Rivers eröffnete den Zugang in eine Gefühlswelt, die mit etwas Lieblichem in Verbindung gesetzt werden konnte. Ein zartes Saxophonsolo, gefolgt von gekonnt dosierten Posaunenklängen fanden sich, schwollen an und ab, um dem Gitarrensolisten Raum und Freiheit zu schaffen. Die angewandte aussergewöhnliche Besentechnik und Unterstützung des Schlagzeugspielers verlieh dem Stück eine besondere Klangfarbe und etwas Streichelndes. Ein Hauch Zärtlichkeit kam im «Pinseln» übers Schlagzeug zur Geltung.
Mal quirlig und verspielt – mal erdig und dumpf
In den Stücken «The Blues Sir John» und «Stella By Star Light» spielte die Band sich einander musikalisch den Ball zu: lebendig, auffordernd und rhythmisch vielseitig. Funkig und spitzfinderisch in der Blas- bzw. Dämpfungstechnik und Schlag- bzw. Trommeltechnik experimentierte «Al Bone» im Stück «Little Malony». «Body and Soul» liess den Zuhörer in eine Traumwelt versinken; das Schlagzeug erzeugte ein sanftes einlullendes (Meer)rauschen, aus dem man mit quirligen Saxophonsolo geweckt wurde. «Happy Chicken» versetzte das Publikum daraufhin treffend in die Welt gackernder Hühner und provozierte bei manchen ein Schmunzeln. Auch eine ländliche Stimmung, aber mit Savannencharakter und trommelnden Ureinwohnern erzeugte das Stück «Home is Africa»: erdig, dumpf, den Puls der Natur spürend, versetzte es in einen Trancezustand. Für einmal spielte und dominierte der Schlagzeugspieler und liess die Schritte und Tritte in «Seven Steps to Heaven» auf verschiedenen Ebenen spüren. Die Zugabe verdeutlichte ihre Freude am gemeinsamen Musikerlebnis, das gute Funktionieren als talentierte Band und die Wertschätzung des Publikums. Als nächstes Ziel strebt «Al Bone» die Fortsetzung der Tour in Zürich, die CD-Aufnahme und das Jazzfestival in Bern im Sommer 04 an.
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